Über das grüne Band

Vom Todesstreifen zum Grünstreifen quer durch Europa.

Fast 1400 Kilometer lang schlängelt sich das Grüne Band auf einer Breite zwischen 50 und 200 Metern von Travemünde an der Ostsee bis zum Dreiländereck (Sachsen-Bayern-Tschechien) durch Deutschland. Als Grünes Band bezeichnet man den Streifen zwischen dem ehemaligen Kolonnenweg und der ehemaligen innerdeutschen Staatsgrenze. Es liegt also komplett auf dem Gebiet der Ex-DDR, dort wo früher die Grenzanlagen waren, und somit in den östlichen Bundesländern Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Es gibt eine Ausnahme: Das Amt Neuhaus an der Elbe gehörte bis 1945 zum Landkreis Lüneburg. Nach dem Krieg kamen die Ortschaften zur sowjetischen Besatzungszone und somit zur DDR. Seit 1993 gehört die Gemeinde Amt Neuhaus wieder zu Niedersachsen. Somit hat Niedersachsen als einziges westliches Bundesland ein paar Kilometer Grünes Band.

Im Schatten der Grenze konnten sich viele Tier- und Pflanzenarten entwickeln und überleben, die woanders keinen Lebensraum mehr fanden. Nach neuesten Untersuchungen gelten mindestens 1200 Arten, die im Grünen Band leben, als gefährdet, das heißt, sie stehen auf der Roten Liste. Das Grüne Band hat sich somit von einem Todesstreifen zu einer Lebenslinie quer durch Deutschland entwickelt. Aber auch weit über den eigentlichen ehemaligen Grenzstreifen hinaus, findet man sowohl östlich als auch westlich des Grünen Bandes eine große Artenvielfalt. „Es war ein beruhigtes Gebiet“, erklärt Dr. Liana Geidezis, Leiterin des Fachbereich Grünes Band beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland.

Das Grüne Band ist nicht nur der längste länderübergreifende Biotopverbund Deutschlands und zugleich eine Schatzkammer der Artenvielfalt. Es ist auch eine Landschaft, die an die Überwindung der deutschen Teilung erinnert. In 48 Grenzmuseen und Gedenkstätten wird die Erinnerung an die brutale Grenze aufrecht erhalten. Aber auch die Erinnerung an Orte, die der Grenze weichen mussten, sogenannte geschleifte Orte, wird hier lebendig erhalten. Grenzpfähle, Grenztürme, Reste der Grenzanlagen stehen als stumme Zeugen in der Landschaft.

Der Schutz des Grünen Bandes ist seit 2009 im Bundesnaturschutzgesetz verankert. Seit November 2018 ist das Grüne Band Thüringen mit einer Länge von 763 Kilometer Nationales Naturmonument. Damit wird die Bedeutung dieser Fläche aus Sicht des Naturschutzes und der Geschichte betont.  In Sachsen-Anhalt gibt es ebenfalls Bestrebungen, das Grüne Band als Nationales Naturmoment auszuweisen.  Laut Koalitionsvertrag der CDU und Bündnis 90/Die Grünen in Hessen vom Dezember 2018 soll das Grüne Band entlang der hessisch-thüringischen Grenze ebenfalls als Nationales Naturmonument ausgewiesen werden. 

Das Grüne Band Deutschland wurde zum Synonym für die Überwindung von Grenzen. Es ist Teil des Grünen Bandes Europa, das auf einer Länge von über 12500 Kilometer 24 Staaten verbindet. Es zieht sich entlang des ehemaligen Grenzstreifens, des Eisernen Vorhangs, durch Europa. Das Grüne Band Europa ist nicht nur für den Naturschutz von unschätzbarem Wert, es hat auch eine Bedeutung für den europäischen Gedanken und ein vereintes Europa. 

"Im Schatten der Grenze konnten sich viele Tier- und Pflanzenarten entwickeln und überleben, die woanders keinen Lebensraum mehr fanden."