Vom Hobbymoster zum Unternehmer

In Hamburg hatte er nur einen kleinen Garten. Der Agrar- und Umweltwissenschaftler Jochen Schwarz wünschte sich ein Gelände, das so groß ist, dass man dort mit dem Trecker fahren kann. Östlich des Schaalsees im Landkreis Nordwestmecklenburg in Kneese wurde er fündig. Aus dem Freizeitspaß wurde mittlerweile das Unternehmen „Mosterei Kneese im Biosphärenreservat Schaalsee“.

Auf dem Gelände, das der gelernte Obst- und Weinbauer erwarb, wachsen alte Apfelbäume. Also fing der Hamburger vor zehn Jahren an, hobbymäßig Äpfel in einer Garage zu mosten, zunächst für sich, dann für Freunde, dann für Menschen aus dem Dorf. Es wurden immer mehr Kunden und Äpfel. Die Garage, in der die Presse stand, wurde zu klein. In Kneese stand eine der größten Bauernstellen zum Verkauf. Schwarz interessierte sich für die großen Obstwiesen, die zum Anwesen gehörten. „Leider konnte ich diese nicht allein kaufen, sondern nur mit dem riesigen Gebäude“, erzählt er. Aber es fügte sich, die Mosterei wuchs und Schwarz brauchte mehr Platz.

Seit zwei Jahren ist die Mosterei mit neuer Technik im hinteren Teil des Gebäudes, wo früher der Stall war. „Im letzten Jahr haben wir für 800 Kunden gepresst und 100000 Liter Saft hergestellt.“ Der vordere Teil des Anwesens, also der frühere Wohnbereich, wird gerade zu einem Hofladen und einer Schnapsbrennerei ausgebaut. Dazu gehört es auch, die Backsteinfassade zu renovieren und die ursprüngliche Form zu rekonstruieren. Die gebogenen Fensterstürze umrahmen wieder grüne Sprossenfenster. Das Haus wurde zum echten Hingucker in dem Dorf.

Schwarz hat große Pläne: Neben dem Apfelsaft wird er in Zukunft Schnaps aus den unterschiedlichsten Obstsorten, die in der Region wachsen, brennen. Er spricht von Events und Verkostungen in den neuen Räumen rund um die glänzende Destille. Außerdem will er Eistee herstellen. Den Rohstoff Tee kauft er, gebrüht und mit eigenem Apfelsaft verfeinert wird in Kneese.

„Es war in den ersten Jahren nicht einfach in dem Dorf“, erinnert sich Schwarz. „Am Anfang war ich der Wessi.“ Der Hamburger spricht sogar von Anfeindungen und Eifersucht. „Das hat sich komplett geändert. Zur Zehnjahr-Feier im Sommer kam das halbe Dorf.“ Die Freude, dass dieses repräsentative Gebäude wieder renoviert wird, ist groß. Mittlerweile fragen sich die Bewohner selbstkritisch, warum keiner von ihnen, dieses Haus gekauft und renoviert habe. „Man muss Liebe zu einem alten Objekt haben und Ideen, was man daraus macht“, bringt es Schwarz auf den Punkt. Viel Geld für dieses Projekt habe er nicht auf dem Bankkonto gehabt. Der Umbau zum Hofladen und die Renovierung seien im Rahmen eines großen Leaderprojektes gefördert worden.

Schwarz freut sich, dass die Äpfel auf den Streuobstwiesen wieder einen Wert erhalten. Es lohnt sich – geschmacklich und finanziell, die Äpfel zu sammeln, in die Mosterei zu bringen und seinen eigenen Apfelsaft zu bekommen. „Ab einer Menge von 200 bis 300 Kilogramm ist eine eigene Pressung möglich, so dass Kunden den Saft ihrer eigenen Äpfel bekommen. Schwarz presst auch sortenreinen Saft. So gibt es Saft aus Äpfeln mit so interessanten Namen wie Boskop, Gelber Richard, Finkenwerder, Herbstprinz, oder Seestermüher Zitronenapfel. „Dieser Service ist auch ein Beitrag, dass die alten Sorten wieder mehr wahrgenommen werden und beachtet werden.“ Schwarz engagiert sich auch im Biosphärenreservat Schaalsee. Er gibt Kurse zum Obstbaumschnitt und zur Ökologie der Streuobstwiesen. Außerdem ist es ihm ein Anliegen, dass die Landwirtschaft in der Schaalseeregion komplett ökologisch wird. „Wir haben hier jedes Jahr zigtausend Vögel zu Gast. Da dürfen wir nicht mit Pestiziden arbeiten.“