Landwirte fürchten Enteignung

Nicht alle sind begeistert von der Idee, das Grüne Band Sachsen-Anhalt als Nationales Naturmonument auszuweisen. Es geht um Naturschutz und Erinnerungskultur. Gerade in Sachsen-Anhalt weist das Grüne Band mit einer Länge von über 300 Kilometern große Lücken auf, die geschlossen werden sollen. Doch Anrainer am Grünen Band, in erster Linie Landwirte, protestieren.

Im Harzvorland in Wülperode bei Osterwieck zeigt Eberhard Reckleben auf einen großen Acker. Am Rand ist ein Heckenstreifen, der gleichzeitig die Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bildet. Wenn das Grüne Band an dieser Stelle wieder geschlossen werden soll, würde es über seinen Acker gehen. „Meine Familie ist sehr sensibel, was Eigentum angeht“, so Reckleben. „Die Familie wurde 1945 enteignet. Mein Vater musste den Hof im Alter von 14 Jahren verlassen.“ Nach der Grenzöffnung kam die Familie zurück, kaufte ihr Land wieder und wirtschaftet jetzt als Biobetrieb auf besten Böden. Von dem Gesetzentwurf Nationales Naturmonument Grünes Band hält Reckleben gar nichts. „Hier geht es darum, mich dauerhaft zu enteignen und zwar hinterlistig“, äußert er seinen Missmut. Auch wenn es in dem Gesetz heißt, dass alles auf Freiwilligkeit beruht, mag er das nicht so recht glauben. Er rechnet durch den Schutzstatus Nationales Naturmonument in Zukunft mit Auflagen, wie er auf seinen Ackerflächen wirtschaften darf. Das muss gar nicht in dem Gesetz stehen, sondern kann durch andere Verordnungen hinsichtlich Einsatz von Insektiziden und Pestiziden kommen, mutmaßt der Landwirt. Im Moment sei das für ihn als Biobetrieb zwar kein Thema. „Aber wegen der schwierigen Marktlage brauchen wir die Option, eines Tages auch wieder konventionell zu wirtschaften.“

Reckleben hat ein weiteres Argument gegen das Grüne Band: „Das Objekt der Begierde war bis 1990 ein Streifen, der mit Gift freigespritzt wurde. Ich habe Untersuchungen auf meinen Äckern gemacht. Da war teilweise so viel Gift im Boden, dass ich aufgeforstet habe.“ Er hält das Gesetz lediglich für ein Programm, um zusätzliche Naturschutzflächen zu gewinnen. Für die Erinnerungskultur sei das Grüne Band nicht notwendig. Er zeigt auf das Grenzdenkmal auf der anderen Straßenseite. „Das steht auf meinem Grund und ich habe mich dafür eingesetzt, dass ein paar Meter von den ehemaligen Grenzanlagen stehen bleiben.“ Flächentausch, wie es im Gesetz beschrieben ist, hält Reckleben nicht für realistisch. „Hier in der Region gibt es gar nicht genug Flächen zum Tauschen.“

Auch Landwirt Ulrich Köhler, der wenige Kilometer weiter in Rhoden einen Betrieb hat, ist gegen das Grüne Band. Er zeigt einen Acker, der teilweise in Niedersachsen liegt. Das Grüne Band ginge mitten durch den Schlag mit 98 Bodenpunkten – also bestes Ackerland. Auch Köhler kaufte das Land nach der Wende wieder, da sein Vater vom DDR-Staat gezwungen war, das Land abzugeben. „Mir fehlten nach der Wende ein knapper Hektar Land.“ Er habe erfahren, dass im Zuge des Grenzausbaus, das Land nicht mehr richtig nachgemessen wurde, sondern nur am „grünen Tisch“ gezeichnet wurde. Mittlerweile hat er sein Land wieder bekommen. Aber er kritisiert, dass die Planungen für das Grüne Band auf falschen Grundlagen erfolge. Köhler weiß, dass es laut Gesetz keine Enteignung geben soll. Aber bestimmte Auflagen hinsichtlich Düngung und Bodenbearbeitung sei eine Entwertung seines Ackerlandes und somit eine indirekte Enteignung.

Er berichtet von Schikanen im Sperrgebiet, die ihn emotional immer noch bewegen. „Ich will die Grenze nicht mehr sehen“, so der Landwirt. „Ich habe mich dafür eingesetzt, dass der Beobachtungsturm und ein Stück Zaun oberhalb von Rhode stehen bleibt.“ Aber den Gesetzentwurf Nationales Naturmonument lehnt er ab. Er hat schon einen ganzen Ordner mit Unterlagen zusammengetragen, die das Grüne Band betreffen und er will für sein Eigentum kämpfen.