„Zur Endstation“ bleibt Kult

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Roswitha und Siegmund Brodhun

vor ihrer Gaststätte "Zur Endstation"

Entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze gab es einen regelrechten Grenztourismus. Menschen aus dem westlichen Teil Deutschlands, aber auch aus dem Ausland kamen an die Grenze, um die Grenzanlagen der DDR zu sehen. An manchen Stellen hat man sogar Aussichtstürme gebaut, um noch weiter in die DDR blicken zu können. An diesen Orten entwickelte sich meist eine boomende Gastronomie. Nach der Grenzöffnung haben einige dieser Gaststätten geschlossen, bei manchen sieht man, dass die Tage der vielen Gäste vorbei ist.

Anders im Landgasthaus „Zur Endstation“ in Brochthausen, einem Ortsteil von Duderstadt. Der Name war damals Programm, denn das Wohnhaus der Familie Brodhun war das letzte Haus vor der Grenze. Der Ort Zwinge in Thüringen ist nur etwa einen Kilometer entfernt. Zwinge bekam eine Mauer, aber von einer Aussichtsplattform in Brochthausen konnte man in das kleine Dorf blicken. „Es kamen so viele Menschen, dass meine Mutter die Idee hatte, eine Gaststätte zu eröffnen“, erzählt Siegmund Brodhun heute. Ursprünglich sollte die Gaststätte, die 1966 eröffnete, nach der benachbarten Ellermühle benannt werden, aber es wurde spontan die „Endstation“, erinnert sich der 76-jährige Siegmund Brodhun, der die Gaststätte mit seiner Frau Roswitha, 70 Jahre, betreibt. „Wir haben vom Grenztourismus gelebt“, so der Gastronom. Er erzählt von Gruppen, die mit Bussen kamen, um über die Grenze zu schauen. „Es gab Zuschüsse von der Bundesregierung, wenn dieser Punkt ins Reiseprogramm aufgenommen wurde“, erzählt Brodhun. Und diese Gruppen kehrten anschließend ins Gasthaus „Zur Endstation“ ein. Das Gästebuch der Familie zeigt, dass die Gäste aus aller Welt nach Brochthausen kamen.

Auch 30 Jahre nach der Grenzöffnung kommen immer noch Gäste. 1996 eröffnete Familie Brodhun direkt gegenüber ein Hotel, das zum Beispiel von Menschen gebucht wird, die zu Familienfeiern kommen. Aber auch Wanderer und Radfahrer schätzen die Unterkunft so nah an der ehemaligen Grenze. „Nächste Woche hat sich eine Gruppe angemeldet, die mit Pferden am Grünen Band unterwegs ist. Lamas hatten wir auch schon als Gäste“, erzählt er aus seinem bunten Leben. Die Wiese für die Tiere ist auch organisiert.

„Die Leute kommen in erster Linie zum Essen und genießen unsere Deutsche Küche, die wir natürlich etwas angepasst haben“, so der Gastronom. Es gibt weniger Busreisen, dafür umso mehr Familienfeiern und das nicht nur aus dem Landkreis Göttingen, sondern genauso aus den thüringischen Landkreisen. „Viele wissen gar nicht, dass hier die Grenze war und fragen nach dem Namen.“ Und schon ist Brodhun im Gespräch mit seinen Gästen.

„Wir lassen uns immer etwas Neues einfallen“, erklärt er, dass sein Geschäft nach wie vor läuft. „Pfifferlinge, Oktoberfest, Schlachtefest, Wild, Gänseessen, Weihnachtsmenüs“, zählt Brodhun auf. „So gibt es immer Abwechslung auf der Speisekarte und die Anmeldungen laufen.“ Über Probleme, Mitarbeiter zu bekommen, klagt Brodhun nicht. Im Gegenteil, er schwärmt von Göttinger Studentinnen, die während ihres Studiums in der Endstation arbeiteten oder erzählt von seinen Aushilfen, die jetzt in Australien in Restaurants jobben.

Der Name „Zur Endstation“ ist heute Geschichte, ein Zeitdokument. Das Landgasthaus dagegen überhaupt nicht.