Fast 35 000 Theaterbesucher hat die Waldbühne Heldritt jährlich. Gezeigt werden Märchen, Lustspiel und Operette auf einer Naturbühne in der Nähe von Bad Rodach wenige Kilometer von der ehemaligen Grenze entfernt. Alles wird von einem Verein in Eigenregie ehrenamtlich organisiert und das seit 1930. Friedhelm Wölfert ist seit 1989 im Vorstand des Heimatvereins, der für die Waldbühne mit 800 Plätzen verantwortlich ist. „Das ist wie eine kleine Firma, die ich hier führe, aber alles ist ehrenamtlich“, so Wölfert. „Wir bieten Unterhaltungstheater für Menschen im Umkreis von etwa 100 Kilometern an – aus Thüringen und Bayern.“ Das Märchen und das Lustspiel sind Eigenproduktionen, die Operette „Die Landstreicher“ ist ein Gastspiel, in diesem Jahr zum ersten Mal aus Österreich.
Ein professioneller Regisseur probt seit März mit den Laienschauspieler und -spielerinnen das Märchen „Der Froschkönig“ und das Lustspiel „Pension Schöller“. Jedes Stück wird im Juni und Juli jeweils 15 mal aufgeführt. „Für die Schauspieler ist das eine enorme Belastung“, weiß Wölfert. Während der Spielzeit sind an jedem Wochenende mehrere Aufführungen. Pauline ist 16 und schon zum vierten Mal dabei und begeistert. „Ich mag Theaterspielen und freue mich jedes Jahr wieder darauf.“ In diesem Jahr spielt sie den Frosch aus dem Froschkönig. „Ich muss eine Dreiviertelstunde im Brunnen sitzen, das ist nicht so toll, aber sonst passt alles.“ Wölfert erzählt von Familien, die geschlossen seit Jahren mitspielen. „Wir hatten schon Kinder und Jugendliche, die bei uns jahrelang gespielt haben und dann eine Schauspielausbildung gemacht haben.“
Wölfert hat einen Stamm von etwa hundert Helfern, die an den etwa 40 Spielabenden einen Dienst übernehmen. „Im Sommer sind wir Aktiven fast nur in der Waldbühne. Das Geschehen auf der Bühne ist das eine, aber im Hintergrund gibt es unglaublich viel zu tun.“ Wölfert zählt auf: Kartenvorverkauf, Abendkasse, Technik, Maske, Platzanweiser, Parkplätze… Ganz wichtig ist das 16-köpfige Küchenteam. Der Gastronomiebereich mit überdachtem Biergarten hat schon vor den Vorstellungen geöffnet, aber der große Ansturm kommt in der Pause. „Da bewirten wir in 30 Minuten 800 Personen mit Getränken, Bratwürsten, Pizza, belegten Brötchen und Kuchen.“
Der Verein kümmert sich auch um das gesamte Gelände der Waldbühne und die baulichen Anlagen. Der Zuschauerraum ist überdacht, die Bühne kann bei Bedarf mit einer Plane geschützt werden. „Wir mussten noch keine Vorstellung ausfallen lassen.“ Es gibt ein festes Gebäude mit Küchentrakt, Garderoben, Sanitäreinrichtungen, Lager für Kostüme und Requisiten. „Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der kostendeckend arbeiten muss“, erklärt Wölfert. „Zuschüsse für den laufenden Betrieb gibt es nicht. Wir finanzieren uns aus den Eintrittsgeldern und dem Gewinn aus dem Bewirtungsbereich.“ Zuschüsse gab es lediglich vor Jahrzehnten für große Baumaßnahmen.
Wölfert, der anscheinend wirklich der Mann für alles ist, baut auch die Kulissen nach Vorgaben des Regisseurs bzw. sucht mit ihm gemeinsam nach Lösungen, wenn der Aufwand unverhältnismäßig groß ist. Er ist aber auch der Sicherheitschef und muss gewährleisten, dass alle gesetzlichen Auflagen erfüllt werden. 400 Stunden im Jahr kommen bestimmt zusammen, schätzt der 66-jährige Rentner. „In der Spielzeit sind es an manchen Tagen auch acht bis zehn Stunden.“ Als er noch berufstätig war, sei das schon manchmal schwierig gewesen. „Aber es macht Spaß und der Erfolg ist sichtbar“, beschreibt er seine Motivation.
Große Unterstützung hat Wölfert bei der Bevölkerung aus Heldritt, die kennt er alle und die engagieren sich schon teilweise seit Jahrzehnten für die Waldbühne. Nach der Grenzöffnung ist unser Team noch größer geworden. „Wir wünschen uns aber noch mehr Unterstützer aus Thüringen“, sagt Wölfert, der seine ersten Lebensjahre auf der anderen Seite der Grenze verbracht hat, bis er mit seinen Eltern 1960 aus der DDR floh und über Berlin und Hamburg nach Heldritt kam – quasi in die Heimat.