Radler am Rennsteig

Auf dem Rennsteig zwischen Lichtenhain und Spechtsbrunn (wirklich kleine Dörfer im Thüringer Wald) treffe ich an einem schattigen Sitzplatz einen Fahrradfahrer aus der Nähe von Leipzig. Ungefragt erzählt er seine Lebensgeschichte. Als Diabetiker ist er Frührentner und hat für sich das Fahrradfahren entdeckt. Er berichtet, dass er im Jahr 15.000 bis 16.000 Kilometer fährt – überwiegend als Tagestouren von seinem Heimatort aus. In erster Linie ist er in Thüringen unterwegs, aber auch in Sachsen und Tschechien. Neben der Bank steht ein ganz normales Tourenfahrrad mit Korb und Packtasche, auf dem Tisch liegt ein Helm, der Mann trägt normale Freizeitkleidung.

 

Der Sport tue seiner Gesundheit gut und auch sein Arzt sei zufrieden. Also macht er weiter. Mittlerweile verfolgt er noch ein anderes Ziel: Der öffentliche Nahverkehr muss fahrradfreundlicher werden. Er tüftelt sich immer Strecken aus, deren Start er mit Bus und Bahn erreichen kann. Auch vom Ziel muss er wieder mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause kommen. Manchmal sei das schwierig – Wochenende, Feiertage und Ferien sind nur ein Teil der Fallstricke, die er erlebt. Er berichtet von Buslinien, die gar keine Fahrräder mitnehmen oder von Zügen, die am Wochenende so voll sind, dass Fahrradfahrer warten müssen.

 

Regelmäßig gibt er seine Erfahrungen an die Verkehrsgesellschaften weiter. Auf Interesse oder Verständnis scheint das nicht zu stoßen, zumindest bekäme er nie Rückmeldung. „Aber das ist doch unsere Zukunft, dass wir weniger Auto fahren und dafür einfach zwischen Bahn, Bus und Fahrrad wechseln können“, empört er sich. „Ob ich das noch erlebe?“ Der Radler bezweifelt es, „aber ich setzte mich weiter dafür ein.“