Hier lebt das Bauhaus

Das Bauhaushotel in Probstzella gilt als das größte Bauhausensemble in Thüringen. Es thront über dem Ort Probstzella direkt gegenüber dem zu DDR-Zeiten bekannten und gefürchteten Grenzbahnhof. Erbaut wurde es 1925 bis 1927 als „Haus des Volkes“ von dem Bauhausarchitekten Alfred Arndt im Auftrag des erfolgreichen Unternehmers Franz Itting.

 

Heute ist das riesige Haus ein lebendiges Museum, das sich ständig weiterentwickelt. Dieter Nagel fuhr 2003 nach Berlin und ersteigerte den riesigen Komplex. „Es war eine Ruine“, erinnert sich Nagel, der in Probstzella aufgewachsen ist. „Meine Frau und ich wollten das Haus retten und vor einem möglichen Abriss bewahren.“ Pläne oder Visionen hätten sie zunächst nicht gehabt. „Wir haben ein Jahr lang versucht, den weiteren Verfall zu verhindern und dabei selbst Hand angelegt.“ Nagel erzählt, dass er parallel intensiv zu dem Architekten Alfred Arndt geforscht habe. „Ich wollte wissen, wie der Mann tickte und was er noch gebaut hat.“

 

Das Haus des Volkes sollte nach den Vorstellungen des Bauherrn Itting mehr als ein Hotel sein. Es war für die Bevölkerung geplant und sollte von allen genutzt werden können. So ist zu verstehen, dass das Haus einen Saal mit Plätzen für 1000 Menschen hat. „Das war damals die modernste Bühne in Thüringen“, ergänzt Nagel. Es gab eine Kegelbahn, Bibliothek, einen Gesundheitsbereich, einen Park usw. Und alles wurde in den verschiedenen Bauhauswerkstätten entworfen und gearbeitet: Möbel, Stoffe, Vorhänge, Lampen…

 

„Als wir es übernommen haben, war an Inventar nichts mehr vorhanden, außer einem Stuhl.“ Während der DDR-Zeit wurde zwar viel um- und angebaut, trotzdem ist die historische Bausubstanz in großen Teilen noch erhalten: Treppenhäuser, der große Veranstaltungssaal mit Empore, der Pavillon im Dachgeschoss, die Kaffeeterrasse mit Panoramablick über das Loquitztal, die Gartenanlage mit Kiosk und Konzertmuschel. „Alles, was an alten Gegenständen oder Einbauten noch vorhanden war, haben wir versucht, zu integrieren.“ So erfüllt zum Beispiel ein Großteil der Türen mit den Originaltürklinken noch ihre Funktion.

 

Da es Fotos und Zeichnungen der Entwürfe gab, konnte vieles wieder im Original hergestellt werden. Und das Ausmaß ist unglaublich: Es wurden für das Hotel Betten und Schränke nachgebaut, Stühle und Tische für das Restaurant, sämtliche Lampen sind nach Originalvorlagen angefertigt, um nur einige Beispiele zu nennen.

 

Nagel betont, dass er zunächst alles mit privatem Geld finanziert habe. „Es gab keine Fördermittel, obwohl das Ensemble unter Denkmalschutz steht.“ Problem sei am Anfang gewesen, dass es in den Denkmalbehörden kaum Fachleute gab, die sich mit Bauhaus auskannten, diese aber trotzdem mitreden wollten. Mittlerweile habe sich das komplett geändert. Gerade durch das diesjährige Bauhaus-Jubiläum sei man im Thema. „Die Zusammenarbeit ist jetzt hervorragend.“ Nagel hofft, dass er vielleicht für die Sanierung des Parks mit Kiosk Fördergelder bekommt.

 

Nagel hat in 16 Jahren viel geschafft: Das Haus wurde einmal komplett saniert. Das Restaurant eröffnete Ende 2005. Es wurde komplett nach alten Vorlagen wieder eingerichtet und gestaltet. Das Bauhaushotel, das sich über mehrere Etagen erstreckt, eröffnete 2008. Es gibt wieder eine Bowlingbahn und eine Sauna. Das Haus hat 2013 den Schriftzug „Haus des Volkes“ an der großen Straßenfassade nach 76 Jahren zurückbekommen. Dieser musste 1936 auf Drängen der Nazis entfernt werden.

 

Für Nagel ist es wichtig, dass genügend Menschen und Besucher kommen. In alter Tradition gehört auch die Bevölkerung aus Probstzella zur Zielgruppe. Aber das reiche nicht für die notwendige Auslastung. „Wir können großen Gesellschaften mit bis zu 300 Personen ein Komplettpaket für Veranstaltungen anbieten. Das wird deutschlandweit genutzt.“ Auch für Tagungen und Seminare eignet sich das Haus. Busgruppen, Einzelreisende oder Wanderer sind ebenfalls willkommen.

 

Man muss sich Zeit nehmen, um das Haus zu entdecken. Dabei hilft eine hauseigene digitale Führung mittels Smartphone. Nagel hat auch interessante Ausstellungen im Haus über den Architekten und über den Bauherrn initiiert.