Engagiert in der Politik und für die Region

Auf meiner ersten Etappe vom Dreiländereck nach Ullitz an der Bundesstraße zwischen Hof und Plauen begleitet mich Rudolf Schwab, Vorsitzender des Heimatvereins Posseck, ein Ortsteil der Gemeinde Triebel im sächsischen Vogtlandkreis. Der 70-jährige Rentner kennt seine Heimat und alle ausgeschilderten und nicht ausgeschilderten Wanderwege. Somit bin ich sehr dankbar, dass ich mir am ersten Tag keine Sorgen machen musste, mich zu verlaufen. Wir gehen die meiste Zeit auf dem Kolonnenweg. Allerdings ist das Gras teilweise so hoch, dass man diesen kaum sieht. Für mich ist es neu, dass man beim Gehen ständig darauf achten muss, nicht in eines der Löcher der typischen Betonplatten zu treten. Manchmal sind sie sichtbar, mal verstecken sie sich auch heimtückisch unter dem Gras. Wir wandern durch sanft hügelige Landschaft mit artenreichen Blumenwiesen und großen Flächen mit blauen Lupinen, vorbei an Getreideäcker, die bis an den Kolonnenweg reichen, wir sehen winzige Ortschaften mit einigen Häusern, die sich unauffällig in die Landschaft einfügen. Immer wieder weist mich Schwab auf geschleifte Ortschaften hin, also Dörfer, die so nah an der Grenze lagen, dass die Menschen sie verlassen mussten bzw. umgesiedelt wurden. Meist erinnert nur eine Hinweistafel an die ehemaligen Dörfer bzw. an die Schicksale der Menschen. Eines dieser Orte ist Troschenreuth. Schwab kommt ins Schwärmen, obwohl er die Glanzzeiten des Ortes nur aus Erzählungen kennt. Seine Mutter arbeitete als Hausangestellte auf dem großen Rittergut in Troschenreuth. Viele Handwerker lebten und arbeiteten in dem Dorf. Eine Ausflugsgaststätte lockte an den Wochenende Menschen aus Hof und Plauen an, die teilweise mit dem Zug, teilweise zu Fuß kamen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Gutsbesitzer enteignet, es kam zu Zwangsaussiedlungen und Umsiedlung der Bewohner. 1972 wurden alle Gebäude abgerissen. Es steht nur noch das alte Trafohäuschen. „Das war wohl zu stabil“, mutmaßt Schwab. Heute nutzt ein Jagdpächter dieses kleine Gebäude im Naturschutzgebiet Feilebach direkt am Grünen Band.

 

Rudolf Schwab hat während der DDR-Zeit für die LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) gearbeitet. Nach der Wende arbeiteten er und seine Frau für Firmen in Hof. „Ich war in ganz Deutschland unterwegs.“ Nebenbei betrieb er in Posseck einen kleinen Getränkehandel und einen kleinen Biergarten. Ehrenamtliche Arbeit und freiwilliges Engagement waren für ihn schon immer wichtig. So ließ er sich 1989 vor der Wende bereits in den Gemeinderat wählen. Sofort nach der Wende trat er in die SPD ein. „Das war schon immer mein Traum. Für mich war klar, wenn die Grenzöffnung jemals kommen sollte, dann werde ich in die Partei von Willy Brandt eintreten.“ Und so kam es. Im Gemeinderat saß er 30 Jahre lang. Aufgrund einer Partnerschaft der SPD-Ortsvereine Posseck und Regnitzlosau (Bayern) pflegt er viele Freundschaften über die Grenzen der beiden Freistaaten hinweg. Seine Kinder und Enkelkinder leben in Sachsen, Thüringen und Bayern. Alle besucht er regelmäßig. Schwab engagiert sich für seine Heimat und die Grenzregion. Gleichzeitig ist er weltoffen und tolerant. Er hat viel gearbeitet in seinem Leben und bezeichnet sich selbst als zufrieden. „Es gibt so viele Möglichkeiten, und die nutzen meine Frau und ich.“